„Im März 2020 endete ein Pilotprozess mit einer Verurteilung zweier Angeklagter vor dem Landgericht Bonn“, konnte man letzte Woche wieder lesen. Nicht falsch. Aber eben auch nicht ganz richtig.
„Im März 2020 endete ein Pilotprozess mit einer Verurteilung zweier Angeklagter vor dem Landgericht Bonn“, konnte man letzte Woche wieder lesen („Skandalbank Lehman Brothers will einen Großteil ihrer Cum-Ex-Profite zurückzahlen“, Handelsblatt 05.01.2021). Nicht falsch. Aber eben auch nicht ganz richtig. Denn trotz des festen Glaubens an die Strafbarkeit von cum/ex-Geschäften in weiten Teilen von Politik und Justiz wurde einer der beiden Angeklagten bezüglich eines erheblichen Teiles der ihm zur Last gelegten Beteiligung an entsprechenden Geschäften freigesprochen. Während für das Jahr 2011 schon kein tatfördernder Beitrag des Angeklagten AO – so die Bezeichnung in der Fassung des Urteils des Landgerichts Bonn vom 18.03.2020 (62 KLs - 213 Js 41/19 - 1/19), die in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes Nordrhein-Westfalen veröffentlicht wurde – festgestellt werden konnte, fehlte es für die Jahre 2007 und 2008 am erforderlichen Vorsatz. Dieser Teilfreispruch ist Ende des letzten Jahres rechtskräftig geworden, nachdem die Staatsanwaltschaft Köln ihre Revision gegen das Urteil des Landgerichts Bonn insoweit zurückgenommen hat.
Noch offen ist damit aber die Entscheidung über die Revision des Angeklagten AO und es ist mit Spannung zu erwarten, wie begründet werden kann, dass der Angeklagte in den Jahren 2009 und 2010 klüger gewesen sein sollte als noch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 06.03.2013 (I R 2/12). Schwierigkeiten bereiten dürften insoweit auch Gerichtsentscheidungen aus jüngster Zeit, die – anders als das Urteil des Landgerichts Bonn – nicht auf die Recht- bzw. Unrechtmäßigkeit der „zweiten“ Steuererstattung durch den (Leer-)Käufer fokussieren, sondern die Unrechtmäßigkeit der ersten Steuererstattung bzw. den unterbliebenen Abzug beim (Leer-)Verkäufer in den Vordergrund rücken. So stellte das OLG Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 02.07.2020 klar, dass die Depotbank des Verkäufers steuerrechtlich verpflichtet ist, auf die Zahlung Kapitalertragsteuer abzuführen (OLG Frankfurt am Main, Urt. vom 02.07.2020 - 1 U 111/18, Rn. 56). In gleicher Weise betonte auch das LG Frankfurt am Main in einem weiteren Verfahren, dass die Depotbank der Verkäuferin für die Erhebung der Steuer durch Rückbelastung des Leerverkäufers sorgen müsse (LG Frankfurt am Main, Urt. vom 23.09.2020 - 2-18 O 386/18, II 2 a cc)). Mit der rechtlichen Argumentation des Urteils des Landgerichts Bonn sind die beiden genannten Entscheidungen jedenfalls nicht in Einklang zu bringen.